Auch im wohlhabenden „Westen“ breitet sich Unruhe aus
Politische Unruhen in Island, Lettland und Bulgarien, Proteste in Großbritannien und Griechenland, rasch steigende Arbeitslosenzahlen in ganz Europa, Kürzungen von Pensionsleistungen, eine sich weiterhin öffnende Schere zwischen sehr wohlhabenden und armen Bevölkerungsschichten – das Eis ist sehr dünn geworden, auf dem wir uns bewegen.
Der so sicher geglaubte Wohlstand, der angeblich ewig währende soziale Frieden, die beruhigende politische Stabilität, der folgenlos bleibende Konsum, all die Eckpfeiler unserer gegenwärtigen Gesellschaftsordnung erweisen sich schneller als gedacht als Potemkinsche Dörfer. So überraschend und schnell der Kommunismus zusammenbegrochen ist, so atemberaubend gehäuft trudeln zur Zeit Meldungen ein, deren Folgen anscheinend niemand wahrhaben will.
Aus der „amerikanischen Hypothekenkrise“, die uns natürlich überhaupt nicht betroffen hat, ist über die Zwischenschritte „amerikanische Finanzkrise“, bzw. „anglo-amerikanische Finanzkrise“, die uns natürlich weiterhin nicht tangiert hat, zuerst eine „amerikanische Wirtschaftskrise“, dann nicht gerade langsam eine „weltweite Finanzkrise“ und nun in immer schnelleren Schritten, eine „weltweite Wirtschaftskrise“ geworden.
Erinnert man sich an die besorgten Aussagen der Wirtschaftsforscher zu den (ehemals) bescheidenen Wachstumsraten von um die ein Prozent (und deren negativen Folgen für z.B. die Zahl der Arbeitslosen), kommt man nun, bei einem prognostizierten Schrumpfen (oder sollte ich besser von einem „Negativwachstum“ schreiben), von zwei und mehr Prozent, ins Grübeln.
Nehmen wir Staatsbankrotte hier und da, verfallende Währungen einerseits und Währungsspekulationen im großen Stil andererseits, wirkungslos verpuffende Milliarden- und Abermilliardenbeträge, folgenlose Null-Prozent-Leitzinssätze, in den Keller fallende Kurse, steigende Verlustprognosen und sich häufende Insolvenzanträge und stellen wir diesen die nun ratlos (und damit leise) gewordenen Wirtschaftsfachleute und die hilflos Kompetenz vortäuschenden Politiker gegenüber, können wir nur gespannt die weiteren Entwicklungen verfolgen.
Zu wirklichen Veränderungen ist nach wie vor niemand bereit. Weiterhin ausgezahlte Bonifikationen sind zwar der Gipfel an Unverfrorenheit, aber sie zeigen nur zu deutlich, dass über allem der unausgesprochen Wunsch schwebt, dass es doch hoffentlich irgendwie weitergehen möge wie bisher, dass es doch hoffentlich irgendwie von alleine wieder besser werden möge.
Aber vielleicht muss das Eis ja brechen, bevor wir klüger werden wollen und können.